Die Menschen in Fiestel
1993 hat Willi Brandt ein 500-Seiten-Werk vorgelegt. Über das Leben heute und vor vielen Jahren in Fiestel berichtet sein Buch. Diese Arbeit ist das Ergebnis aus den über eine langen Zeitraum andauernden Forschungen aber auch Erlebnissen des früheren Fiesteler Heimatpflegers. Der Titel des Buches ist „Die Menschen in Fiestel – heute und gestern“. Hier ein Auszug daraus (Abschrift vom Original).
Das Dorf Fiestel
Fiestel liegt um Südwesten der Stadt Espelkamp. Die Feldflur umfasst 320 Hektar und wird im Süden begrenzt durch den Mittellandkanal, der seit der Gebietsreform die Städte Espelkamp und Lübbecke auf einer Länge von 10 km teilt. Fiestel war immer eine Bauernschaft, die mit Alswede und Gestringen die Gemeinde Alswede bildete. Außerdem war Fiestel von 1900 bis 1972 Mittelpunkt des Amtes Alswede, weil sich hier die Straßen Alswede-Lübbecke-Levern/Bohmte, Vehlage, Fabbenstedt/Espelkamp, Gestringen/Minden und Benkhausen trafen. Die Gastwirschaft Spreen mit dem großen Saal bot die besten Möglichkeiten für Veranstaltungen. Fiestel war Sitz der Amtsverwaltung Alswede, der Molkerei, der Spar-und Darlehenskasse, des Kolonial-Manufakturgeschäfts und der Bäckerei Spreen, der Ellerburg, der Ellerburger Mühle mit Sägewerk, die auch bis 1948 Fiestel mit Strom versorgte, des Moor-und Schwefelbades Bad Fiestel, des Baugeschäftes Holle und schließlich des Elektro-und Installationsgeschäftes Spitz.
Fiestel war eine Streusiedlung mit 65 Häusern und 328 Einwohnern. Davon befanden sich 15 Häuser ind er Brandheide und dem Hammoor an der Straße nach Levern, 15 im Zuschlag an der Straße nach Vehlage, der Rest im Dorf mit den bereits erwähnten Geschäfts-und 8 Heuerlingshäusern. 1945 waren 32 landwirtschaftliche Betriebe abgabeplflichtig mit Fleisch, Kartoffeln und Brotgetreide.
Im Urbar des Amtes Reineberg aus dem Jahre 1648 sind unter Fiestel folgende Hofstätten aufgeführt:
5 Halbmeierhöfe, 4 Viertelmeierhöfe, ein Kötter, zwei Brinksitzer und drei Häuslinge.
Am südwestlichen Dorfrand fließen zwei Bäche in begradigtem Bett: die Große Aue und die Flöthe. Die Aue kommt aus dem nahen Wiehengebirge, fließt an Hollwinkel, der Ellerburg, der Ellerkamps Mühle vorbei und mündet bei Nienburg in die Weser. Die Flöthe ist ein Entwässerungsgraben, kommt aus dem Osterbruch südlich von Lübbecke und vereinigt sich mit der Großen Aue südwestlich der Ellerburg.
Nach der Währungsreform (21.06.1948) kam die große Wende. Die Heuerlinge, Mieter und Zugezogenen (Evakuierte und Flüchtlinge) gründeten einen Siedlerbund, sie wollten ein Eigenheim, sie suchten eine neue Heimat. Bahnbrechend war hier die Siedlungsgenossenschaft Lübbecke, die 1949 von dem Gutsbesitzer Alhard Freiherr von dem Bussche Münch, Benkausen, und 1960 von den Höfen Nr. 7 und 8 Grundstücke zur Bebauung kauften. So entstanden in den Jahren von 1950 bis 1975 rund 150 Häuser mit Einliegerwohnungen. Heute leben in Fiestel 1045 Personen.
Der größte Teil der Einwohner ist evangelisch und wird von der St. Andreas-Kirche zu Alswede betreut, der katholische von Espelkamp. Seit 1964 besteht das ev. Gemeindezentrum Gestringen. Östlich der Siedlungen entstanden 1962 und 1970 drei Industriebetriebe, die Männern und Frauen sowie Jugendlichen Arbeit-und Verdienstmöglichkeiten bieten. Die Fasertechnik Naue KG beschäftigt 167, die Möbelfabrik Carl Hellmich 110 und die Metalldreherei Schlink 10 Personen.
Die Ellerburger Mühle steht seit 1981 unter Denkmalschutz. Die Stadt Espelkamp hat das Mühlen-und Maschinenhaus für rund 100.000 DM restauriert und die ehemalige dreibogige Auebrücke wieder freigelegt, über die bis 1965 der gesamte Ost-West-Verkehr floß. Die zweiklassige Volksschule Fiestel wurde zum Kindergarten umgebaut und konntw 1971 seiner Bestimmung übergeben werden.
Die Dorfgemeinschaft wird in erster Linie von den Vereinen geprägt. Dies sind: der Gemischte Chor „Sangeslust“ Fiestel mit seinen Sängerfesten, der Stammtisch „Alte Hasen“ mit seinem Volksfest an der Ellerburg, der Reichsbund, der landwirtschaftliche Ortsverein und die Kyffhäuser Kameradschaft mit Ihren Ausflügen und jährlichen öffentlichen Veranstaltungen.
Das Dorf Fiestel nahm 1985 an dem Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ teil. Die Mitglieder der Vereine haben mit Hand angelegt, weil alle durchgeführten Maßnahmen im Rahmen dieses Wettbewerbs dem Ziel dienten, unsere Umwelt zu schützen, unsere Dorfstrukturen und Kulturlandschaften zu erhalten, Brauchtum und Traditionen zu bewahren, das Heimatgefühl und das dörfliche Gemeinschaftsleben zu stärken.
Verwaltet wurde das Dorf Fiestel 1648 vom Amt Reineberg. Mit Alswede und Gestringen bildete es die Bauernschaft Alswede und gehörte mit den Dörfern Hedem, Lashorst, Fabbenstedt und Vehlage zur Vogtei Alswede und zum Kirchspiel Alswede. Durch königliche Verordnung von 1841 wurden von den Bauernschaften Gemeinden, die je 6 Vertreter wählten und aus ihrer Mitte den Gemeindevorsitzenden bestimmten. Aus der Vogtei Alswede wurde das Amt Alswede mit einem „Verwaltungsbeamten“. Der erste Amtmann war Carl Louis Sprengepiel, der am 14.03.1825 den kleinen landwirtschaftlichen Betrieb Alswede 31 kaufte für 1461 Thaler. Da unser Amtmann in Alswede wohnte, sind wir „Amt Alswede“. Sprengespiel vermählte sich am 13.05.1841 mit Caroline Wilhelmine Friederike Kemenau, geboren 1921 in Fiestel Nr. 53. Sprengepiel erblickte 1797 in Barringhausen als Sohn eines Kantors das Licht der Welt. Er verstarb bereits mit 54 Jahren. Nachfolger wurde Johann Heinrich Müller, der am 02.10.1857 die Witwe Sprengepiel ehelichte.
Nach der Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt im Jahre 1806 hat Kaiser Napoleon, Frankreich, das Gebiet westlich der Weser zum Königreich Westfalen erhoben und ihm auch die Verwaltung übertragen. Der Landrat des Kreises Rahden mit den Ämtern Rahden und Reineberg, Freiherr von der Horst, Haldem, wurde abgesetzt. Schlechte Zeiten für die Bevölkerung, die nicht nur die fremden Soldaten sondern auch die vielen Pferde unterhalten mußte. Fritz Reuter schrieb später den Roman „Ut dei Franzosentid“. Alles atmete auf, als in der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis 19.10.1813 die Franzosen von den vereinigten Truppen von Schweden, England, Preußen, Österreich und Rußland geschlagen wurden. Generalfeldmarschall Blücher hat die verbleibenden Reste in der Neujahrsnacht über den Rhein vertrieben. Die Kriegs-und Domänenkammer Minden, die 1717 von Preußen gegründet war, übernahm die Verwaltung. Neuer Landrat wurde der neue Besitzer des Rittergutes Benkhausen, Karl Freiherr von dem Bussche Münch, im Jahre 1814.
Da die Verwaltung des Kreises Rahden 1831 nach Lübbecke verlegt wurde, hat der Kreis Lübbecke seinen Namen bekommen. Der Landrat legte 1837 sein Amt nieder und reiste mit seiner kranken Frau nach Italien. Nachfolger wurde Freiherr von der Horst zu Ellerburg. Als dieser 1840 Eigentümer von Hollwinkel wurde, verzog er mit der Familie nach Hollwinkel und stellte Ellerburg als Verwaltungsgebäude zur Verfügung. Hier blieb das Landratsamt bi s1870 und ist dann nach Lübbecke verlegt. Ellerburg wurde nun Sitz der Amtsverwaltung bis 1890. Nun wurde Karl Freiherr von dem Bussche Münch Ehrenamtmann des Amtes Alswede und sein Sekretär von Krogh zog nach Benkhausen. 1900 mußte der Ehrenamtmann am Magen operiert werden und ist an den Folgen, erst 41 Jahre alt, gestorben. Die Amtsverwaltung war dann 2 Jahre in Bad Fiestel und anschließend wieder auf der Ellerburg. Unter Amtmann Heuvemann wurde von dem Rentmeister Kall Install, Benkhausen, an der Blasheimer Straße ein Bauplatz erworben und das Amtsgebäude errichtet. Im Erdgeschoß sind die Büroräume untergebracht und im ersten Stock wohnen die Beamten, im südlichen Flügel der Amtmann und im nördlichen der Amtsrentmeister.
Im Herbst 1972 beschloß das Land Nordrhein-Westfalen die Bildung der Großgemeinden. Die Kreise Minden und Lübbecke wurden zusammengelegt und an der Portastraße ein neues Verwaltungsgebäude erreichtet mit Dr. Momburg als Oberkreisdirektor. Aus den 56 Dörfern des Kreises Lübbecke entstanden die Städte Lübbecke, Espelkamp, Preußisch Oldendorf und Rahden sowie die Gemeinden Hüllhorst und Stemwede. Die Gemeinde Stemwede besteht aus den Ämtern Levern und Dielingen. Das Amt Alswede wurde aufgelöst und dreigeteilt. Der Mittellandkanal trennt heute die Städte Espelkamp und Lübbecke. Alswede kam zu Lübbecke, Hedem und Lashorst zu Preußisch Oldendorf. Die Dörfer Fiestel, Gestringen, Fabbenstedt und Vehlage sind der Stadt Espelkamp zugeteilt. Diese bekam auch sämtliche Akten des alten Amtes Alswede von 1816 an, die der Stadtarchivar, Rektor in Ruhe Heinrich Brinkmann, der Nachwelt erhalten hat und übersichtlich geordnet im Keller des Rathauses untergebracht sind.